CIO:update zur Bundestagswahl 2025

Positive Impulse für den Kapitalmarkt durch wirtschaftsfreundliche Politik – Potenzial auf eine Reform der Schuldenbremse
Deutschland ist aus wirtschaftspolitischer Sicht mit einem „dunkelblauen Auge“ davongekommen: Die Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) scheiterte knapp am Einzug in den Bundestag, wodurch eine Zweierkoalition aus CDU und SPD möglich wurde. Diese Zweierkoalition ist deutlich handlungsfähiger als es eine Dreierkoalition gewesen wäre. Die neue (voraussichtliche) Regierung verspricht eine wirtschaftsfreundlichere Politik mit Steuersenkungen für private Haushalte, Investitionsförderungen sowie einer Senkung der Energiepreise. Während die CDU Unternehmenssteuersenkungen plant, setzt die SPD auf Investitionssubventionen. Auch eine Deregulierung der Wirtschaft und höhere Verteidigungsausgaben stehen auf der Agenda. Unterschiede gibt es in der Rentenpolitik: Die SPD will die gesetzliche Rente stärken, die CDU bevorzugt dagegen die private Altersvorsorge.
Ein großes Hindernis bleibt die Schuldenbremse. Eine Verfassungsänderung ist mit der voraussichtlichen Regierungskoalition plus den Grünen nicht realisierbar. Allerdings könnte eine Reform nur mit Bezug auf staatliche Investitionen oder die Einrichtung eines „Deutschlandfonds“ mit Unterstützung der Linken möglich sein. Höhere Militärausgaben könnten auf europäischer Ebene finanziert werden, während eine stärkere Ukraine-Unterstützung durch die Beschlagnahmung russischer Devisenreserven diskutiert wird.
Der Kapitalmarkt favorisiert das eindeutige Wahlergebnis. Mit dem Wahlergebnis besteht nun eine berechtigte Hoffnung auf eine expansivere Fiskalpolitik, moderate Wachstumsimpulse, sowie Steuersenkungen für Unternehmen und Privathaushalte bei Inkaufnahme einer höheren Neuverschuldung und höherer Investitionsausgaben. Letzteres sowohl staatlich als auch begünstigt durch private Investitionen, die den Standort Deutschland wieder positiver bewerten könnten. Durch das Wahlergebnis ist es nun wahrscheinlich, dass es zu einer weiteren Steigerung der Rüstungsausgaben sowie zu einer Modernisierung der Infrastruktur kommen kann. Die künftige Regierung wird vermutlich Korrekturen bei der Energiepolitik vornehmen, was im Grundsatz zu potentiell günstigeren Energiepreisen in Deutschland führen kann. Unterstützt kann dies werden durch diverse Initiativen für Bürokratieabbau (sowohl national als auch auf europäischer Ebene) und eine Stärkung der Wirtschaft, um den Standort Deutschland wieder attraktiver für internationale Investoren zu machen.
Moderates Aufholpotenzial für deutsche Aktien, insbesondere im MDAX
Trotz dieser positiven Aussichten sind keine signifikanten Auswirkungen auf die Assetklasse Aktien zu erwarten. Allenfalls könnte eine geringere politische Unsicherheit zu einer leicht positiven Marktstimmung führen. Die Bedeutung der deutschen Politik für die globalen Aktienmärkte bleibt eher untergeordnet. Dennoch könnte es zu einer kurzfristigen Belebung des deutschen Aktienmarktes kommen. Auch wenn der DAX bislang durch international tätige Unternehmen eine robuste Performance zeigte, gibt es auf Sicht Potenzial für Unternehmen mit einem höheren Inlandsanteil. Diese haben noch Aufwärtspotenzial, vor allem aufgrund des sehr negativen Marktsentiments und der derzeit geringeren Bewertungen. Auf Index-Ebene könnte der MDAX gegenüber dem DAX bevorzugt werden, da er eine stärkere Ausrichtung auf den heimischen Markt hat. Langfristig gesehen ist zu beachten, dass die deutsche Wirtschaft zwar von einer zyklischen Belebung profitieren könnte, jedoch nur begrenztes Wachstumspotenzial bietet. Der strukturelle Mix der Volkswirtschaft und demografische Herausforderungen bremsen die Dynamik. Eine echte Beschleunigung der Wirtschaft würde tiefgreifende und radikale Reformen erfordern, die derzeit in den Wahlprogrammen keine wesentliche Rolle spielen.

Fortsetzung der relativen Stärke europäischer Aktien im globalen Kontext
Für europäische Aktien wird das Potenzial für Unternehmenssteuersenkungen die wichtigste Auswirkung haben. Auf globaler Ebene zeigt sich ein zunehmendes Interesse an europäischen Aktien. Die einseitige Dominanz des US-Marktes scheint damit zunächst ausgelaufen. Die wirtschaftsfreundlichere Politik in Deutschland und Europa könnte als zusätzlicher Unterstützungsfaktor dienen, besonders im Hinblick auf die deutlichen Bewertungsunterschiede zwischen den Märkten. Insbesondere europäische Finanzwerte erscheinen weiterhin relativ attraktiv. Sie bieten nach wie vor hohe Kapitalrückflüsse durch Aktienrückkäufe und Dividenden, wobei ihre Performance stark von der makroökonomischen Entwicklung in Europa abhängt, die tendenziell leicht positiv ausfällt. Industrietitel könnten von einem verbesserten Investitionsumfeld profitieren. Ein anhaltender Zinssenkungszyklus könnte diese Dynamik im Jahresverlauf weiter unterstützen.
Größte Determinante für die Anleihemärkte wird die Entscheidung über eine Reform der Schuldenbremse
Der wichtigste Einflussfaktor auf die Rentenmärkten wird die Frage der Schuldenbremse sein. Sollte eine neue Regierung die Schuldenbremse aufheben und die Haushaltsausgaben stärker ansteigen als bislang angenommen, könnte dies zu steigenden Renditen auf Staatsanleihen führen, was zu Kursverlusten bei den derzeitigen Anleihehaltern führen würde. Auf der anderen Seite könnte eine schwierige Regierungsbildung oder eine Koalition, die keine sofortigen Änderungen an der Schuldenbremse vornimmt, die Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen stärken und zu niedrigeren Renditen führen. In diesem Fall würde das Angebot an Staatsanleihen geringer ausfallen, als der Markt derzeit erwartet. Die Auswirkungen auf die Anleihemärkte hängen nun maßgeblich vom Ausgang über den nun möglichen Koalitionen ab. Eine Koalition, die eine stärkere Regierungsbeteiligung der Grünen zur Folge hat, könnte den Automobilsektor beeinflussen, insbesondere in Hinblick auf die Umsetzung des „Verbrenner-Aus“. Auch die Chemieindustrie in Deutschland könnte von den politischen Entscheidungen betroffen sein, wenn es zu einer signifikanten Veränderung der Wirtschaftspolitik kommt. Eine Beteiligung der Grünen an der Regierung könnte für den Bankensektor problematisch werden, da ihre Politik tendenziell eine stärkere Regulierung und Belastung für Banken zur Folge haben könnte. In den letzten Jahren haben risikoreichere Segmente wie Unternehmensanleihen mit schlechteren Ratings von einem Rückgang der Zinsen und einer positiven Marktentwicklung profitiert. Dies führte dazu, dass weniger risikobehaftete Anleihen wie Covered Bonds (mit A-Ratings) im Vergleich zu Unternehmensanleihen mit niedrigerem Rating attraktiv wurden. Auch unabhängig von den erzielten Wahlergebnissen könnten Covered Bonds derzeit relativ interessante Bewertungen aufweisen. Für Unternehmensanleihen mit soliden Bilanzen könnte dies auch in Zukunft strukturell zu niedrigeren Risikoprämien führen, wenn sich das Risiko einer höheren Staatsverschuldung materialisiert.
Moderate Auswirkungen der Bundestagswahl auf unsere Positionierung
Die deutsche Politik spielt auf der Aktienseite im Kontext einer globalen Asset-Allokation eine eher untergeordnete Rolle. Größeren Einfluss könnte jedoch die US-Politik auf die globalen Märkte ausüben, insbesondere im Hinblick auf mögliche Handelszölle, die den Automobilsektor negativ beeinflussen könnten. Die deutsche Wahl hat jedoch wenig Einfluss auf die Sektoren, da der Automobilsektor in der Selektion von Multi-Asset-Portfolios keine zentrale Rolle spielt. Eine stärkere europäische Wirtschaftspolitik nach den Wahlen könnte jedoch dazu führen, dass Europa insgesamt als positive Investitionsregion gesehen wird. Die relativ niedrigen Bewertungen bei europäischen Marktführern, insbesondere bei deutschen Werten, lassen diese attraktiver für unsere Portfolios werden. In Bezug auf unsere Rentenstrategien sehen wir derzeit keine Anzeichen für eine Notwendigkeit zur Anpassung der Portfolios aufgrund des Wahlausgangs. Das Wahlergebnis und die möglichen Koalitionen bieten keine Anhaltspunkte, die eine strukturelle Veränderung der Risikoprämien oder Sektorallokationen nach sich ziehen würden. Da das Thema Rüstungspolitik auf den Anleihenmärkten, im Gegensatz zu den Aktienmärkten, eine eher untergeordnete Rolle spielt, besteht derzeit kein Anpassungsbedarf im Hinblick auf unsere Rentenpositionierungen.
Die Autoren

Oliver Schmidt,
CESGA, ist seit 2009 bei Metzler und seit 2024 Geschäftsführer der Metzler Asset Management GmbH. Er ist CIO und verantwortlich für das Portfoliomanagement, das Sustainable Investment Office, das Applied Research, das Economic Research und das Trading Desk. Darüber hinaus ist er Portfoliomanager für den Metzler European Dividend Sustainability Publikumsfonds. Zuvor war Herr Schmidt vier Jahre Deputy Chief Investment Officer, nachdem er das Aktienteam mehrere Jahre stellvertretend geleitet hatte. In seiner Funktion als Portfoliomanager war Herr Schmidt für die Aktienstrategie European Dividend verantwortlich.

Edgar Walk,
CESGA, arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto, Japan. Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.
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